Von Rainer Feistauer, Evangelischer Pfarrer an der JVA Remscheid
Rot. Die Ampel zwingt mich zum Anhalten. Warten. Zeit vergeht. Ich überlege:
Heute Morgen ist das schon die siebte rote Ampel. Mindestens fünf Minuten, die ich stehe und warte. Ich rechne: Morgens fünf Minuten, abends fünf Minuten. Und noch ein paar Fahrten extra, da kommt in der Woche schon über eine Stunde zusammen. Aufs Jahr gerechnet sind das dann gleich ein paar ganze Tage, die ich vor der Ampel stehe - wie viel Zeit ich doch durch die Ampeln verliere! Ich träume davon, dass alle Ampeln weg sind. Immer freie Fahrt.
Dann denke ich daran, dass ich durch die Ampeln ja auch viel Zeit spare. Wer schon mal erlebt hat, wenn an einer großen Kreuzung die Ampel ausfällt, der weiß was das für ein Chaos gibt. Ellenlange Staus, wie viel Zeit das erst kostet! Da bin ich froh, dass es Ampeln gibt. Ich gewinne dadurch Zeit.
Ich stelle fest: ich gewinne Zeit, wenn ich Zeit verliere. Ampeln zwingen mich. Sie kosten mich also Freiheit. Aber weil sie mir auch neue Zeit schaffen, schaffen sie mir neue Freiheit. So ist das mit Regeln und Gesetzen eben. Manchmal sind sie lästig, sie schränken mich ein. Aber innerhalb dieser Schranken schaffen sie mir Freiraum.
Gott hat auch Regeln aufgestellt. Gebote. Sie schränken mich auch ein. Zugleich geben sie mir Freiraum.
Die Straßenverkehrsordnung hilft mir, sicher und schnell an mein Ziel zu kommen. Auch wenn ich manchmal warten muss, bin ich am Ende doch schneller. Gottes Gebote helfen mit, ein erfülltes Leben zu haben. Auch wenn sie mir manchmal Grenzen setzen, habe ich am Ende doch mehr Freiheit.