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120 755 Jahre Haft

 

„Der Marokkaner Otman El Gnaoui erhielt 42 924 Jahre Haft, der Spanier José Emilio Suárez Trashoras 34 715 Jahre. …Der Marokkaner Jamal Zougam wurde zu 42 922 Jahren Haft verurteilt.“ So stand es am 1, November 2007 im „Remscheider Generalanzeiger“ zu lesen, und so lautete das Urteil für die Hauptangeklagten im Prozess gegen die Terrorbomber von Madrid. Zusammen mit den Haftstrafen zwischen drei und 23 Jahren, zu denen 18 weitere Angeklagte verurteilt wurden, ergibt sich die Gesamtstrafe von 120 755 Jahren.

 

Hieran ist besonders eindrucksvoll das feinnervige Fingerspitzengefühl des Gerichts, das sich in der akribischen Feindosierung der beiden Höchststrafen manifestiert. Während El Gnaoui zu 42 924 Jahren verurteilt wurde, kommt sein Mittäter Zougam mit nur 42 922 Jahren davon. Wenn das kein Druckfehler war, stellt sich die Frage, womit  Zougam sich diese Milde des Gerichts verdient haben könnte. Hat er vielleicht bei seiner Bombenlegertätigkeit eine Zigarettenkippe weniger auf den Bahnsteig geworfen als sein Kollege?

 

Im Übrigen scheint der spanische Staat sehr viel überschüssiges Geld zu haben, wenn er es sich leisten kann, Verbrecher für eine so lange Zeit einzusperren und zu verköstigen. Setzt man einmal die täglichen Kosten pro Häftling mit 200 Euro an, so ergibt sich für den Vollzug von  120 755 Jahren Haftstrafe eine Gesamtsumme von 8.815.115.000 Euro, das sind ca. 8,8 Milliarden Euro. Das ist ein Haufen Kohle, bloß um einige Terroristen am Leben zu halten. Besonders wenn man bedenkt, wie viele Terroristen man mit diesem Geld im amerikanischen „Kampf gegen den Terror“ umbringen könnte.

 

Auch dürften sich die Kosten für den Strafvollzug noch deutlich erhöhen, weil die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass einer oder sogar mehrere der Häftlinge schon vor Ablauf ihrer Strafzeit versterben könnten. In einem solchen Falle wären lebensverlängernde Maßnahmen erforderlich, um ein vorzeitiges Ende der Strafverbüßung zu vermeiden. An künstliches Koma oder eine Absenkung der Körpertemperatur wäre hier zu denken. Angesichts des hierfür erforderlichen apparativen Aufwandes wäre allerdings eine ernsthafte Belastung für den spanischen Staatshaushalt zu befürchten.

 

Deshalb scheint man sich in Spanien für eine weniger kostenintensive Lösung entschieden zu haben. In dem eingangs erwähnten Zeitungsbericht heißt es nämlich weiter: „Die Verurteilten dürfen jedoch höchstens 40 Jahre lang inhaftiert werden.“ Offenbar hat man sich also entschlossen, die Verbüßung des Hauptteils der Strafe ins Jenseits zu verlagern. Entsprechend müsste z.B. das Urteil für Zougam korrekt umformuliert lauten: „40 Jahre Haft und 42 882 Jahre Fegefeuer.“