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Prostatakrebs

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Das Geschäft mit der Angst

Meine Geschichte:

beim Hausarzt  |  beim Urologen  | bei Prof. Dr. Klaus Maar  |  Magnetresonanztomogramm  |  Ganzkörperszintigramm  |  Diapat-Test  |  Magnetresonanz-Spektrogramm  |  Biologische Therapie  |  Amanita phalloides ein Anruf bei Prof.  Maar  |  PET/CT-Untersuchung  |  Immunologische Untersuchungen  |  Antibiotische Behandlung  | Vorläufiges Fazit  |  Was soll ich tun? | So geht es weiter | Hyperthermie | Erfolg? | PSA unter 4 | Zweifel: Vielleicht doch besser OP? | Routine | Juli 2010 | Mai 2011 | Mai 2012 | Privatkasse streikt | Beihilfe streikt

Literatur

Weblinks

Pro und Contra PSA-Test  |  Gefahren der Biopsie  |  Umstrittene Wundermittel

 

Das Geschäft mit der Angst

Das Wort "Krebs" löst in der Regel blankes Entsetzen aus, denn Krebs kann eine Krankheit von unerbittlicher Grausamkeit sein. Seit  ich miterleben musste, wie meine erste Frau elend am Brustkrebs zugrunde ging, weiß ich, wovon die Rede ist.

Auf der anderen Seite gilt aber auch: Krebs kann völlig harmlos sein. Meine erste Schwiegermutter hatte einmal eine Furcht erregend aussehende Geschwulst auf dem Kopf. Als ich sie besorgt fragte, was sie denn da habe, winkte sie ab: "Ach, das ist nur ein aufliegender Hautkrebs, den muss man schön in Ruhe lassen!" Zwei drei Monate später löste sich das Gebilde wie ein Wundschorf von der Kopfhaut und die Sache war ausgestanden.

Krebs hat übrigens jeder, da sich in unserem Körper ständig Krebszellen bilden. Solange das Immunsystem diese erkennt und vernichtet, passiert gar nichts. Erst wenn es den Krebszellen gelingt, sich zu tarnen, kann es gefährlich werden und der Krebs zu einer Krankheit ausufern.

Von allen Krebsarten ist der Prostatakrebs (von Einzelfällen abgesehen) der mit Abstand harmloseste.

Man kann davon ausgehen, dass in meinem Alter (über 60) mindestens jeder dritte Mann einen Prostatakrebs hat. Die Statistiken lehren aber, dass nur drei Prozent aller Männer tatsächlich am Prostatakrebs sterben. Daraus ist messerscharf zu schließen, dass von 10 Prostatakrebsen nur einer für seinen Träger zu einer tödlichen Bedrohung wird. Die andern neun sterben an anderen Ursachen, bevor ihr Krebs überhaupt zum Tragen kommt. Diejenigen, die am Prostatakrebs sterben, tun dies zumeist in hohem Alter. Auch dies trägt zu einer weiteren Verharmlosung dieser Krebsart bei.

Das einzig Fatale an der Sache ist, dass es auch bestimmte Ausprägungen des Prostatakrebs gibt, die rasant voranschreiten und das Leben der  von ihnen Betroffenen dramatisch verkürzen können. Es gibt keine sichere Diagnostik, die es erlauben würde, zwischen einem harmlosen Krebs (Julius Hackethal prägte hierfür den Begriff "Haustierkrebs") und einem gefährlichen "Raubtierkrebs" zu unterscheiden. Was bleibt also anderes übrig, als jeden Krebs so zu behandeln als wäre er von der gefährlichen Sorte?!

Daher kommt es, dass sich alljährlich unzählige Männer die Prostata herausoperieren lassen, obwohl völlig unklar ist, ob sie davon einen Nutzen haben. Zwar kann es durchaus sein, dass gelegentlich jemand durch Operation vor einem "Raubtierkrebs" gerettet wird- Aber die  ungleich höhere Zahl von Trägern eines "Haustierkrebses", die sich aus Angst auch operieren lässt, hat davon keinerlei Vorteil sondern handelt sich nur eine verminderte Lebensqualität durch die unschönen Nebenwirkungen ein.

Für die urologische Fakultät ist dieses Geschäft mit der Angst  ein höchst einträgliches. Und deshalb ist jemand, der zum Urologen geht und brav tut, was man ihm sagt, seine Prostata los, bevor er Luft geholt hat.

 

Meine Geschichte

 

beim Hausarzt

Einer meiner guten Vorsätze für das Jahr 2008 war, endlich mal wieder einen Gesundheitscheck machen zu lassen. Also ging ich brav zum Arzt und ließ mich untersuchen.

Ich muss erwähnen, dass ich diesmal (auf Empfehlung eines Bekannten) zu einem anderen Arzt ging als die Jahre zuvor.

Während mein früherer Hausarzt auf die Frage, ob man auch den PSA-Wert bestimmen sollte, immer ausweichend geantwortet hatte, dies sei nur sinnvoll, um den Verlauf einer manifesten Erkrankung zu kontrollieren, sagte der Neue nur beiläufig: "Und dann sollten wir natürlich auch den PSA-Wert  bestimmen." In Unkenntnis der möglichen Konsequenzen dachte ich mir dabei weiter nichts und nickte nur beifällig.

Erst später erfuhr ich, wie umstritten der PSA-Test als Maßnahme zur Krebsvorsorge ist. Sein Nutzen ist sogar dermaßen umstritten, dass ihn die gesetzlichen Krankenkassen nicht einmal bezahlen! Nun bin ich dummerweise als pensionierter Beamter Privatpatient, und bekanntlich zahlen die privaten Kassen nicht nur mehr (ungefähr doppelt so viel wie die gesetzlichen) sondern auch bereitwilliger. Wen wundert's da, dass man als Privatpatient oft in zwei Tagen einen Termin bekommt, auf den der Kassenpatient acht Wochen warten muss?!

Außerdem sind Ärzte - wie ich später erfuhr - verpflichtet, den PSA-Test erst nach einer gründlichen Aufklärung des Patienten über Vor- und Nachteile sowie die möglichen Konsequenzen  zu veranlassen, und dann auch nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Patienten. Hätte der Arzt in meinem Falle seiner Aufklärungspflicht Genüge getan, hätte ich mir die Sache sicher dreimal  überlegt und letztlich auf eine PSA-Bestimmung verzichtet, nach dem Motto:

"Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß."

Jetzt weiß ich zwar was und kann nicht mehr so  tun, als wüsste ich nichts. Aber obwohl an Erfahrung reicher geworden, bin ich im Kern der Sache noch keinen Deut weiter als gut ein Jahr zuvor und immer wieder aufs Neue mit der Frage konfrontiert, was ich machen soll.

Nach der Blutentnahme fürs Labor kam erst einmal die übliche allgemeine Untersuchung. Darin enthalten war auch eine so genannte digital-rektale Untersuchung (kurz: DRU). "Digital" hat nichts mit elektronischer Datenverarbeitung zu tun, sondern meint: "mit dem Finger." ... in das Rektum, also "in den Arsch".

"Es ist schon erstaunlich, dass im Zeitalter hochtechnisierter diagnostischer Methoden der blinde Finger immer noch am meisten sieht." So kommentierte der Medicus jene Untersuchung, die zu meiner großen Erleichterung keinerlei auffälligen Befund erbrachte.

Was für  ein horrender Blödsinn sich hinter diesem philosophisch anmutenden Gerede verbarg, ging mir erst auf, als ich mich später durch Lektüre und Internet-Recherche schlau gemacht hatte. Die "DRU" ist im Grunde als Früherkennungsmethode völlig ungeeignet, weil sie erstens nur gut tastbare, also  schon relativ fortgeschrittene Krebse entdeckt und zweitens nur solche, die man über den Darm mit dem Finger erreichen kann. Auf der gegenüberliegenden Seite der Prostata angesiedelte Krebse bleiben unentdeckt.

 Der "blinde Finger" sieht im also Grunde gar nichts, und wenn er was "sieht", ist es meistens schon zu spät.

Aber das wusste ich damals noch nicht und war - wie gesagt - hochgradig über das Ergebnis der DRU erleichtert. Eine Woche später hatte ich dann einen Termin zur Besprechung der Laboruntersuchung. Wegen meines eigentlich viel zu hohen Alkoholkonsums hatte ich schlimmste Befürchtungen bezüglich meiner Leberwerte gehegt. Doch diese Furcht erwies sich als völlig unbegründet. Meine Leberwerte waren super, und auch alle andern Werte waren im Ganzen in Ordnung.

Und dann kam ganz zum Schluss der große Hammer, mit dem ich am wenigsten gerechnet hatte:

Mein PSA-Wert lag bei 14,4 (Nanogramm pro Milliliter)

Das war viel zu hoch und im höchsten Maße krebsverdächtig. "Da weiß jetzt keiner, was daraus wird. Sie sollten auf jeden Fall mal zum Urologen gehen, und dann wird man wohl eine Biopsie machen müssen."

Zunächst war ich so geschockt, dass ich überhaupt keine Lust mehr hatte, noch irgendetwas zu tun, sah ich doch schon mein baldiges Ende herannahen. Als ich mich dann nach ein, zwei Wochen von meiner Weltuntergangsstimmung ein wenig erholt hatte, machte ich einen Termin beim ortsansässigen Urologen.

Der erste Termin, den ich kriegen konnte, lag allerdings vier Wochen in der Zukunft, was ich im Nachhinein als Glück empfinde. Denn dadurch hatte ich genügend Zeit, mich durch Lektüre einschlägiger Bücher und Surfen im Internet etwas schlauer zu machen.

So war ich denn schon ein wenig vorgewarnt, als ich im Februar mit äußerst gemischten Gefühlen den Gang zum Urologen antrat.

 

beim Urologen

Dieser war in der Lage, den PSA-Wert im eigenen Labor ermitteln zu lassen. Als erstes wurde mir also Blut abgenommen und ins Labor gegeben. Hierbei hatte ich darum gebeten, auch das Verhältnis von "freiem" zu "gebundenem" PSA bestimmen zu lassen. Ich hatte nämlich gelesen, dass wenn dieses Verhältnis über 20 liegt, selbst ein hoher PSA-Wert  eher nicht auf einen Krebs, sondern eine Prostatitis oder anderes hindeutet. Diese meine Bitte nahm der Urologe unkommentiert zur Kenntnis.

Die Zeit bis zur Vorlage des Ergebnisses wurde ökonomisch durch andere Untersuchungen genutzt. Die unvermeidliche DRU zeitigte das gleiche Ergebnis wie beim Hausarzt, nämlich keines, obwohl letzterer mir ein wenig Angst mit der Bemerkung gemacht hatte: "Vielleicht fühlt der (Urologe) ja mehr...".Dann gab es noch eine transrektale Ultraschalluntersuchung (TRU ), bei der die Prostata mittels einer in den Enddarm eingeschobenen Ultraschallsonde erforscht wurde.

Nach kurzem Zwischenaufenthalt im Wartezimmer folgte die Besprechung der Ergebnisse. Auf dem TRU-Bild war außer einigen Verkalkungen nichts Auffälliges zu sehen. Der PSA-Wert war allerdings 14,1, also praktisch so hoch wie bei der ersten Messung, so dass sich meine insgeheim gehegte Hoffnung, der hohe Wert könnte ein "Ausrutscher" gewesen sein - etwa hervorgerufen durch Radfahren oder Sex - verflüchtige.  Die  Frage nach dem freien PSA-Wert beantwortete der Urologe mit der Belehrung: "Den freien  PSA-Wert kann man hinzuziehen, wenn der Gesamt-PSA unter 10 liegt, aber in Ihrem Falle würde der freie PSA keine zusätzlichen Informationen liefern."

Er hatte also meine Bitte einfach ignoriert.

Im weiteren Verlauf des Gespräches hieß es z.B. "Natürlich könnte die Ursache auch eine Entzündung sein, aber das hieße ja jetzt, den Kopf in den Sand stecken. Oder haben Sie vielleicht irgendwelche Beschwerden?  ... Na sehen Sie! ...Also wir sollten jetzt auf jeden Fall mal eine Gewebeprobe entnehmen und im pathologischen Labor untersuchen lassen."

Da ich jedoch bereits irgendwo gelesen hatte, dass eine Biopsie keineswegs so harmlos ist, wie sie von urologischer Seite immer hingestellt wird, druckste ich herum: "Das ist eine schwere Entscheidung.  Gibt es denn da keine anderen Möglichkeiten, z.B. MRT?" Dies wurde kategorisch verneint: "Es gibt keine bildgebenden Verfahren, die eine Biopsie ersetzen könnten. Auf einem MRT sieht man auch nicht mehr als auf dem Ultraschall."

Ich bohrte weiter mit Fragen wie z.B. "Könnte es nicht sein, dass ich einen harmlosen Haustierkrebs habe, den man vielleicht durch eine Biopsie nur anstachelt?" Darauf der Urologe: "Den Begriff Haustierkrebs höre ich gar nicht gerne, es gibt keinen harmlosen: Krebs, jeder Krebs ist lebensbedrohlich. Aber machen Sie sich mal keine übertriebenen Sorgen. Prostatakrebs ist heute sehr gut heilbar. Entweder durch eine Operation, oder wenn Sie das nicht wollen, durch Bestrahlung."

"Ja, aber wie ist das denn mit den Nebenwirkungen, Impotenz, Inkontinenz ?" - "Das mit der Inkontinenz ist allenfalls vorübergehend. Und wenn sie einen Prostatakrebs haben,  dann ist es mit der Potenz sowieso bald vorbei."

"Wie lange hätte ich denn wohl noch vor mir, wenn ich nichts unternehmen würde? Wie ist denn so die statistische Lebenserwartung?" - "Da gibt es keine Statistiken, jeder Krebs ist anders!" Spätestens hier spürte man am Tonfall, dass sich die Geduld des Urologen dem Ende zuneigte.

"Mein Vater ist erst mit 86 Jahren am Prostatakrebs gestorben..." - Noch bevor ich den Satz zu Ende bringen konnte, kam - wie in Stein gemeißelt - die Antwort: "Wenn man bei Ihnen jetzt Prostatakrebs feststellt, dann werden Sie keine 86!! Glauben Sie ja nicht. mit dieser Krankheit ließe sich spaßen. Wenn Sie jetzt nichts unternehmen, dann haben Sie in ein zwei Jahren ein metastasierendes Karzinom, und daran gehen Sie elend zugrunde. Die Knochenmetastasen machen schreckliche Schmerzen.  Das ist kein schöner Tod."

Als ich Immer noch nicht zufrieden war und weiterbohren wollte, wurde er mit Blick auf die Uhr zunehmend ungeduldig. Das brächte jetzt alles nichts mehr, meinte er, und das ginge alles nur von seiner Zeit ab. Er sei schließlich Urologe und für philosophische Fragen nicht zuständig. Außerdem habe er auch eine Verantwortung dafür, dass das Richtige getan werde. Um eine Biopsie käme ich auf gar keinen Fall herum...."alles andere wäre Harakiri!"

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Wenn ich nicht zwischenzeitlich so viel gelesen hätte, wäre ich möglicherweise diesem Gemisch aus Lügen und Schauergeschichten auf den Leim gegangen und hätte drei Wochen später als impotenter Bettnässer in Windeln dagesessen und still vor mich hin geheult.

So aber wollte ich wenigstens noch alternative Meinungen einholen.

Per e-Mail wandte ich mich zunächst Rat suchend an einen - von Bekannten empfohlenen - Professor, von dem ich aber auch nur den Rat bekam, nach Ausschluss möglicher anderer Ursachen eine Biopsie vornehmen zu lassen.

In einem Buch von Professor Klaus Maar hatte ich gelesen, dass dieser die Biopsie zwar nicht ablehnt, jedoch mit Vorbehalten sieht und nicht als Erstuntersuchung auf einen losen Verdacht hin empfiehlt. Auch sei es oft besser, beobachtend abzuwarten, anstatt gleich zu operieren. Ohnehin gäbe es keinen wissenschaftlichen Beweis, dass eine Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie den Krebs dauerhaft heilt, in nahezu fünfzig Prozent der Fälle komme er zurück. Auch bot er eine alternative Behandlungsmethode an, nämlich eine Kombination aus Hyperthermie, hochdosiertem Mistelextrakt und weiteren ergänzenden Mitteln.

Ich rief in seiner Praxis an und bekam auch recht bald einen Termin.

 

bei Prof. Dr. Klaus Maar

Professor Maar praktiziert in Düsseldorf, und zwar an der zentral gelegenen und sehr belebten Schadowstraße. Als ich hinkam, musste ich erst mal zwei, drei Stunden warten, bis ich an die Reihe kam, denn es ging dort buchstäblich zu wie im Taubenschlag. Als erstes bekam ich einen großen Bogen. Papier in die Hand gedrückt, auf dem ich meine Krankengeschichte detailliert niederschreiben sollte, was ich auch brav tat.

Als der Meister endlich Zeit für mich fand, entschuldigte er sich zunächst damit, es sei heute aber auch alles zusammengekommen. Als er mich dann nach meinen Krankheitsumständen befragte, hatte er einen voluminösen Schreibblock vor sich liegen, auf dem er während des ganzen Gespräch fast pausenlos vor sich hin schrieb. Ich fragte mich, ob er das viele Geschriebene  - beschäftigt wie er war - auch jemals wieder lesen würde.

Im Laufe des Gesprächs kamen mir immer mehr Zweifel, ob ich mit dem gleichen Manne redete, dessen Buch ich gelesen hatte. Denn so manches klang doch im Gespräch so ganz anders als im Buch. Zu dem Abwarten und Beobachten hieß es sofort einschränkend: "...ja aber nur, wenn die Prognose gut ist." Bei mir schien das (wohl wegen des hohen PSA-Wertes) nicht der Fall zu sein, denn man habe ja keine Zeit zu verlieren. Er sagte es zwar nicht explizit, ließ aber durchblicken, dass eine Operation für mich das beste sei, aber wenn ich das nicht wolle, könnte man ersatzweise auch die alternative Behandlung versuchen.

Auf die Frage, was ich als erstes machen sollte, schlug er vor, ein MRT und ein Ganzkörperszintigramm zu machen. Er nannte mir de Adresse eines Düsseldorfer Radiologen, meinte aber, ich könne die Untersuchungen auch in meiner Heimatstadt durchführen lassen.

Ich fragte noch, ob es bei MRTs  Qualitätsunterschiede gebe, die zu beachten seien. Das könne er nicht sagen, er sei Urologe, kein Röntgenologe. "Ich frage nur, weil mein Urologe gesagt hat, auf dem MRT könnte man nicht mehr sehen als auf dem Ultraschall." fügte ich ergänzend hinzu.  Hierauf kam die lapidare Erwiderung: "Dazu kann ich nur sagen: der Urologe spinnt."

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Daraufhin besorgte ich mir Termine für MRT und Ganzkörperszintigramm bei zwei verschiedenen radiologischen Praxen in Remscheid. In der Zwischenzeit plagten mich schlimme Gedanken. Warum hatte Maar wohl gleich ein Knochenszintigramm empfohlen? Na klar, weil er es für möglich hielt, dass bei meinem hohen PSA-Wert schon das ganze Skelett von Metastasen befallen sein könnte. Als ich dann noch las, es gebe eine Form von Prostatakrebs, die sich überhaupt erst durch die Metastasen bemerkbar machte, war mir alles klar: An meiner Prostata konnte man nur deshalb nichts feststellen, weil mein PSA-Wert durch Metastasen verursacht wurde.

Magnetresonanztomogramm

Vor der Untersuchung musste ich ein ziemlich ekliges Kontrastmittel schlucken, von dem mir speiübel wurde. Dann musst ich mich in einer Kabine ausziehen und bekam einen Bademantel aus Frotteestoff in die Hand gedrückt. Den hätte ich besser nicht angezogen, denn bei dem anschließenden halbstündigen Aufenthalt in der Magnetröhre gesellte sich zur Übelkeit auch noch eine kaum erträgliche Hitze. Doch schließlich hatte ich die Prozedur überlebt und harrte der Hiobsbotschaften, die mir der Radiologe sicher gleich mitteilen würde.

Das erste, was ich zu hören bekam, war: "Ist bei Ihnen schon mal eine Stanze (=Stanzbiopsie) gemacht worden? ...Kommt noch!" Dann erklärte mir der Radiologe ausführlich, was alles in Ordnung sei: die Lymphknoten seien nicht verdickt und auch die Samenblasen seien unauffällig und noch dies und jenes, was auch ohne Befund sei. "Tja, aber das Organ (Prostata) selber...Da kann  man nichts genaues  erkennen, weil die Auflösung nicht ausreicht."

Also jetzt schlägt's aber dreizehn! Wer spinnt denn nun: der erste Urologe, den ich aufsuchte, oder der zweite, der das Wort "spinnen" benutzte.?

Als ich jetzt dem Radiologen erklärte, dass ich auf eine "Stanze" nicht besonders erpicht sei, sagte er nach einigem Überlegen: "Was Sie brauchen, ist eine Magnetresonanzspektroskopie,". Dies sei ein ganz neues aus Amerika importiertes Verfahren, bei dem man nicht nur eventuelle Krebsknoten  sichtbar machen könnte, sondern durch eine spektroskopische Analyse auch noch feststellen könne, ob es sich um Krebs handele oder nicht.

Das Verfahren sie allerdings so neu, dass es eigentlich nur von einem Privatdozenten in München, der das in Amerika studiert hatte, beherrscht würde. Aber wie hieß der noch mal? Da der Radiologe den Namen einfach vergessen hatte, hängte er sich ans Telefon und rief diverse Kollegen an, bis er schließlich jemanden fand, der ihm Namen und Adresse nennen konnte: Dr. Scheidler, tätig am Radiologischen Zentrum in München-Pasing.

 

Ganzkörperszintigramm

Hierzu musste ich frühmorgens mit nüchternem Magen in der Praxis erscheinen, um eine Flüssigkeit zu schlürfen, die mit einer radioaktiven Substanz versetzt war. Dann durfte ich wieder einige Stunden nach Hause, damit das radioaktive Zeug Zeit hatte, sich in den Knochen und vor allem in den Metastasen (uah...) anzureichern. Am frühen Nachmittag fand die eigentliche Untersuchung statt.  Dazu musste ich eine halbe Stunde regungslos auf einer Pritsche liegen, zuerst auf dem Rücken, dann auf dem Bauch, während eine große Kamera sich im Schneckentempo über meinen Körper bewegte um die radioaktive Strahlung zu registrieren.

Als die Prozedur beendet war und ich von meiner Liege herunterklettern durfte, kam ich an einem Computermonitor vorbei,  auf dem sich ein  furchterregender Anblick bot. Man sah dort eine Art Röntgenbild, allerdings in farbenprächtiger Darstellung mit blauen, grünen, gelben und roten Bereichen. Ein leichter Schock durchfuhr mich angesichts der Tatsache, dass das gesamte Skelett mit roten Flecken übersät war. Das hatte bestimmt nichts Gutes zu bedeuten!

Dann durfte ich noch eine gute Viertelstunde in freudiger Erwartung meines Todesurteils verbringen. Eine regelrechte Zentnerlast fiel mir dann von der Seele, als die zuständige Ärztin den Raum betrat und verkündete: "Also ich kann Sie beruhigen: alles in Ordnung!"

Im schriftlichen Bericht stand dann noch etwas von degenerativen Erscheinungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule, wodurch mir wenigstens mal klar wurde, warum ich es immer so im Kreuz und im Nacken habe.

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Damit war die Bedrohung durch einen fortgeschrittenen Krebs (sozusagen kurz vorm Endstadium) erst einmal vom Tisch, und das Herz konnte wieder einen etwas ruhigeren Gang einlegen.

War es überhaupt Krebs oder vielleicht doch nur eine Prostatitis oder sonst etwas Harnloses?

Um weitere Klarheit zu erlangen, entschloss ich mich, als nächstes einen so genannte Diapat-Test durchführen zu lassen.

 

Diapat-Test

Hierauf war ich im Internet gestoßen.  Die  Verfechter und Vertreiber diesen Tests behaupteten, er sei zuverlässiger als eine Biopsie. Es handelte sich dabei um eine Urin-Untersuchung auf bestimmte krebstypische Protein-Muster. Wegen der erforderlichen aufwendigen Massenspektroskopie war der Test nicht ganz billig und wurde zudem von der Kasse nicht bezahlt. Aber so teuer, dass ich ihn mir nicht leisten konnte, war er dann auch wieder nicht. Also wandte ich mich an den nächsten Arzt, der diesen Test machen konnte und geriet an einen Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren in Köln.

Einfach in der üblichen Manier ins Glas zu pinkeln, reichte in diesem Falle nicht aus, denn es wurden ganz bestimmte Anforderungen an die Beschaffenheit des Urins gestellt. Es musste unbedingt der Erststrahl des zweiten Morgenurins sein. Sonst wären wohl nicht genügend untersuchungsfähige Substanzen in der Flüssigkeit enthalten.

Also morgens früh raus, Wasser lassen, ins Auto setzen und nach Köln fahren, unterwegs nicht mehr pinkeln. Ins Uringefäß durften dann nur ca. zwei Millimeter (eben der "Erststrahl") gelangen.

Die Probe wurde eingesandt, und knapp zwei Wochen später rief mich dann der Arzt an und teilte mir das Ergebnis mit. Der Test hatte ergeben, dass ich mit einer Wahrscheinlichkeit von 59 Prozent vom Prostatakrebs befallen sei.

Damit war ich zwar weiter, aber noch nicht weit genug. Also besorgte ich mir einen Termin bei Dr. Scheidler in München, um eine Magnetresonanz-Spektrometrie durchführen zu lassen.

Magnetresonanz-Spektrogramm

Nun fährt man ungern an einem Tag die 600 Kilometer nach München und zurück. Also verband ich die Fahrt nach München Anfang Mai mit einem mehrtägigen Kurzurlaub. Ich schaute mir die Stadt an, besuchte das unvermeidliche und wirklich sehenswerte Deutsche Museum und machte einen Abstecher nach Bad Aibling, um mir einmal die dort angesiedelte Sankt-Georgs-Klinik anzuschauen. Diese Klinik ist berühmt für ihre Pionierleistungen auf dem Gebiet der alternativen, "sanften" Krebstherapie ohne "Stahl und  Strahl". Als ich vor ihr stand, war ich  ein wenig enttäuscht, weil sie sich unmittelbar an der belebten Hauptstraße befand und nicht - wie eine Fotomontage im Internet vorgaukelt - in ländlicher Umgebung mit Blick auf ein idyllisches Alpenpanorama.

Da im München zu dieser Zeit  Messe war, waren in der Stadt nur noch ganz wenige Zimmer frei, und die wurden zu dermaßen unverschämten Mondpreisen angeboten, dass ich beschloss, mir außerhalb Münchens eine erschwingliche Bleibe zu suchen. Dies bedeutete, dass ich am Tage der Untersuchung erst mal gut 50 Kilometer Anfahrt hinter mich zu bringen hatte. Da München verkehrstechnisch ein heißes Pflaster ist und im Berufsverkehr mit erheblichen Staus zu rechnen war, fuhr ich sicherheitshalber schon kurz nach fünf Uhr morgens los, um den Termin, der auf 7 Uhr 30 angesetzt war, nur ja nicht zu verpassen.

Unbedingte Pünktlichkeit war mir nämlich dringend angeraten worden. Außerdem sollte ich nüchtern und mit gut entleertem Darm erscheinen. Letzteres machte mir erhebliches Kopfzerbrechen, weil ich die letzten Tage unter Verstopfung gelitten hatte und somit dieser  Forderung auf natürlichem Wege nachzukommen außerstande war. Glücklicherweise hatte ich jedoch vorausschauend solche Komplikationen ins Kalkül gezogen und meinem Reisegepäck einen so genannten Irrigator beigefügt. Damit machte ich vor der Abfahrt im Hotelzimmer einen Einlauf, so dass ich - wenn auch sicher immer noch keinen richtig leeren Darm - wenigstens das Gefühl hatte, alles mögliche getan zu haben.

Die Verkehrssituation erwies sich als weit weniger katastrophal, als es auf Grund der Erfahrungen der letztem Tage zu erwarten gewesen wäre, und so war ich natürlich über eine Stunde zu früh am Radiologischen Zentrum in München-Pasing. Ich schlug die überschüssige Zeit mit einem Spaziergang tot und begab mich dann frühzeitig an den Ort des Geschehens. Als ich nach Erledigung der  Aufnahmeformalitäten im Wartebereich Platz genommen hatte, kam plötzlich jemand ganz aufgeregt angelaufen: "Das Gerät ist kaputt!"

Ein Techniker von General Electric sei angefordert und im Anmarsch, aber das könne natürlich etwas dauern, wie lange könne niemand sagen, aber man hoffe zuversichtlich.... Wenn ich vielleicht noch etwas zu erledigen hätte... Man würde mich dann auf dem Handy anrufen, wenn das Gerät wieder einsatzbereit sei.

Also lustwandelte ich einige Stunden in Pasing herum, bis dann gegen zwei Uhr nachmittags der ersehnte Anruf kam, das Gerät sei repariert. Dr. Scheidler entschuldigte sich für die Verzögerung mit dem Hinweis, dass so etwas vielleicht einmal im Jahr vorkommen würde, und wir hätten nun gerade heute das Pech gehabt...

Dann musste ich - nach entsprechender Erläuterung - noch unterschreiben, dass ich mit der Verwendung irgendeiner Substanz  einverstanden sei, die in Deutschland noch nicht zugelassen, aber für das ordnungsgemäße Funktionieren der Untersuchung vonnöten sei. Leider sei es jetzt schon so spät geworden, dass er (Dr. Scheidler) keine Zeit mehr habe, das Untersuchungsergebnis zu besprechen. Er müsse in seiner Eigenschaft als Privatdozent zur Universität, um sich um seine Studenten zu kümmern.

Nachdem sich Dr. Scheidler verabschiedet hatte, wurde ich dann von einem Assistenzarzt für die Untersuchung präpariert, indem er mir eine "endorektale" Spule verpasste. Dieses Teil wurde in den After geschoben, wo es dann mittels eines aufgepumpten Ballons fixiert wurde.

Diese endorektale Spule war übrigens wichtig, um populär gesprochen die Prostata aus der Nähe "betrachten" zu können. Man versteht, warum mein erstes MRT, das ohne eine solche Spule erstellt wurde, keine vernünftigen Resultate liefern konnte. Warum mich allerdings ein Professor Maar hierüber nicht  von vornherein informieren konnte (oder wollte?) ist mir schleierhaft. Ein Urologe, der ständig den Wert des MRT als diagnostische Methode propagiert, muss sich doch wenigsten soweit auskennen, dass er weiß: ohne endorektale Spule läuft nichts. Oder mache ich da einen Denkfehler...?!

Die Untersuchung selbst dauerte eine geschlagene Stunde, was so ziemlich die längste Stunde meines Lebens war.  Zum Glück hatte ich mich geweigert, irgendwelche Bademäntel oder sonstigen wärmenden Kleidungsstücke anzuziehen. Trotzdem habe ich noch ganz schön geschwitzt und mit Bademantel wäre ich sicher den Hitzetod gestorben. Sehr unangenehm war auch der höllische Lärm, den das Gerät in regelmäßigen Abständen produzierte, wenn die supraleitenden Magnetspulen an ihren Verankerungen zerrten. Das Schlimmste war allerdings, dass man mir eingeschärft hatte, nicht die Pobacken zusammenzukneifen. Also versuchte ich heldenhaft, gegen den immer stärker werden Schließreflex anzukämpfen. Jemand, der in einem Konzert sitzt und einen starken Hustenreiz zu unterdrücken versucht, fühlt ähnlich. Einige Male trug dann auch der Reflex den Sieg davon, was möglicherweise dazu führte, dass ein Teil  der Aufnahmen versaut wurde.

Gegen vier Uhr nachmittags war ich dann draußen, schwang mich ins Auto und bretterte unter Missachtung jeglicher Geschwindigkeitsbeschränkungen nach Hause,  wo ich gegen halb neun ankam und die von meiner lieben Frau noch in Eile bereiteten Würstchen mit Kartoffelsalat genießen konnte.

Zwei Tage darauf erhielt ich dann per Fax den ärztlichen Bericht, in dem unter anderem von einem BPH-Knoten im Zentrum der Prostata die Rede war. Hiervon erfuhr ich jetzt erstmalig, denn eine vergrößerte Prostata hatte bei mir vorher noch keiner festgestellt,  da war Dr. Scheidler der erste. Ein umschriebenen Krebsknoten in der Prostata war nicht auszumachen, wohl aber einige karzinomverdächtige Schattierungen in der Peripherie der Prostata. Der spektroskopische Anteil  der Untersuchung (also der, dessenthalben ich überhaupt die Reise nach München unternommen hatte) sei von schlechter Qualität, wahrscheinlich in erster Linie durch Bewegungsartefakte hervorgerufen. (Hätte ich doch nur nicht die Pobacken zusammengekniffen!)

Dieser Teil der Untersuchung sei sogar so schlecht, dass  er nicht in Rechnung gestellt werde. Das kam mir insofern ganz gelegen, als ich befürchten musste, dass weder die Beihilfe noch die Privatkasse gezahlt hätte, weil es sich hier schließlich um ein noch im Experimentierstadium befindliches Verfahren handelte.

Immerhin würden die wenigen verwertbaren Resultate den Karzinomverdacht erhärten. Bioptische Abklärung werde empfohlen.

Also eigentlich war ich ja nach München gefahren um eine Alternative zur Biopsie zu finden. Und nun das!

Am nächsten Tag hatte ich dann noch ein ausführliches telefonisches Gespräch mit Dr. Scheidler, bei dem er versuchte, mich auf die schulmedizinische Schiene (Biopsie, Operation oder Bestrahlung) zu schieben. Doch da biss er bei mir inzwischen auf Granit. Am Schluss des Gesprächs stand die Übereinkunft, dass ich auch ohne Biopsie mit einer Biologischen Behandlung nichts falsch machen könnte.

Biologische Therapie

Hierfür boten sich mir zunächst zwei Alternativen: die Praxis von Professor Maar in Düsseldorf oder die Sankt-Georgs-Klinik in Bad Aibling. Die erste Adresse war mir nach meinem gewonnenen Ersteindruck nicht übermäßig sympathisch. Denn erstens warfen die sachlich inkompetenten Äußerungen über MRTs und spinnende Urologenkollegen kein allzu gutes Licht auf ihren Urheber, zweitens war mir Maar als besessener Workaholic und eiskalter urologischer Hardliner mit dem psychologischen Einfühlungsvermögen einer Dampframme begegnet. Und die andere Adresse in Bayern war einfach weit weg und zudem in einem Kurort gelegen, wo es nach meinen Recherchen nur schweineteure Hotels gab.

Deshalb wandte ich mich zunächst noch einmal an den Arzt, bei dem ich den Diapat-Test hatte machen lassen. Diesen hatte ich nämlich als sehr besonnenen, verständnisvollen und vor allem äußerst sympathischen Zeitgenossen kennen gelernt. In einem langen Beratungsgespräch wurden die vielschichtigen Aspekte der Problematik beleuchtet. Ein Fazit war, es gebe keine Krebstherapie, die immer und in jedem Falle wirkt, wohl aber viele verschiedene Therapiemöglichkeiten, die alle wirken könnten und auch schon mal gewirkt hätten. Wenn es nämlich die eine universell wirksame Therapie gäbe, würde sie längst von allen praktiziert werden.

Da der Arzt auch selbst eine "biologische Krebstherapie" im Angebot hatte, fragte ich ihm, was er denn konkret vorschlagen würde. Ohne sich aufzudrängen oder  übertriebene Versprechungen zu machen, erläuterte er mir seine Methode. Garantien für die Wirksamkeit könne er natürlich nicht abgeben (siehe oben), aber einen Versuch sei es wert, zumal mein Krebs in einem Stadium sei, der noch keinen Anlass zur Panik bieten würde. Außerdem würde er ja keine Chemotherapie oder sonstigen schädlichen Dinge machen, sondern meinem Körper auf jeden Fall etwas Gutes tun. Sollte es nicht wirken, wäre immer noch genügend Zeit, etwas anders zu versuchen.

Danach verschwand er erst mal für eine Woche zu einem Fortbildungsseminar, von wo aus er mich eines Abends anrief und mir von einer Behandlungsmethode berichtete, die er soeben von einem Kollegen erfahren hatte, der damit sehr gute Erfolge erzielt habe. Er schlug vor, diese Methode, die auf der krebstötenden Wirkung von Enzymen in einem hypotoxischen (sauerstoffarmen) Milieu basierte, mit in den Therapieplan einzubauen.

Nachdem er mir den Therapieplan auch noch einmal schriftlich zugeschickt hatte und ich mir die mir die Sache hatte durch den Kopf gehen lassen, fasste ich einen positiven Entschluss und fuhr knapp zwei Monate lang dreimal die Woche nach Köln, um mich der Behandlung zu unterziehen.

Ich musste morgens nach einem bestimmten Muster verfahren: Damit die Enzyme zur richtigen Zeit im Blut die richtige Konzentration hatten, musste ich frühmorgens vier Enzymtabletten schlucken, eine Stunde später noch mal vier, dann durfte ich frühstücken und mich auf den Weg zur Therapie machen. Da der Weg nach Köln - vor allem im morgendlichen Berufsverkehr- Zeit brauchte, frühstückte ich immer unterwegs im Auto.

In der Praxis angekommen, wurde ich dann in die "Folterkammer" geführt, wie ich das Behandlungszimmer bald scherzhaft zu nennen pflegte. Die Prozedur, die ich über mich ergehen ließ, war nämlich ziemlich unangenehm bis schmerzhaft. Sie bestand darin, dass - um im Blut einen Zustand der Hypotoxie zu erzeugen - Arme und Beine abgeschnürt würden, wozu der Arzt vier Manschetten benutzte, wie sie auch zum Blutdruckmessen verwendet werden. In diesem schon leicht qualvollen Zustand musste ich jeweils ca. acht Minuten ausharren. Anfangs hatte ich Mühe diese Zeit, die mir endlos vorkam,  zu überleben, später gewöhnte ich mich daran und empfand es nicht mehr als ganz so schlimm.

Wenn ich diese Tortur überstanden hatte, kam der zweite Teil der Behandlung, der zwar nicht unangenehm war, aber ungefähr eine dreiviertel Stunde Zeit in Anspruch nahm. Dabei lag ich auf einer Pritsche und bekam per Tropfinfusion hochdosiertes Vitamin C, Thymusextrakt zusammen mit einem Mix aus ca. zehn verschiedenen homöopathischen Mitteln eingeflößt. Dann gab es noch eine Spritz mit Eigenblut und/oder Mistelextrakt in den Po. Zuhause sollte ich zusätzlich noch Acidum sulfuricum (Schwefelsäure in homöopathischer Verdünnung) einnehmen. Ein gewisser Professor Toni Lindl propagiert dies als wirksame Krebstherapie.

Irgendwann kam kam dann auch der Zeitpunkt, wo sich ein Erfolg oder Misserfolg hätte zeigen müssen. Da ich ohnehin völlig symptomfrei war, hätte sich ein Erfolg nur an einem Rückgang des PSA-Wertes bemerkbar machen können. Eine Messung ergab jedoch einen Wert von 14, was umso enttäuschender war, als zu Beginn der Therapie der Wert bei 12 gelegen hatte. Dieser vergleichsweise niedrige Wert war aber möglicherweise auf den Einfluss eines Antibiotikums zurückzuführen, das ich anlässlich der Extraktion eines entzündeten Zahns bekommen hatte.

Als ergänzende diagnostische Methode verwendete der Naturheilarzt übrigens noch einen so genannten Eta-Scan, ein Gerät bei dem mittels aufgesetzten Kopfhörern "bioenergetische" Potentiale abgetastet werden. Ein Computer vergleicht diese dann mit Werten einer Datenbank und ermittelt daraus gewisse Wahrscheinlichkeitswerte für das Vorliegen von Krankheiten. Das ganze wird in Form beeindruckender Grafiken, Kurven und Tabellen auf einem Monitor dargestellt. Von der Schulmedizin anerkannt ist das Gerät freilich nicht, so dass ich mir nie ganz darüber klar werden konnte, ob es sich um eine hochtechnisierte und  ernstzunehmende "Diagnostik der Zukunft" oder einfach nur um Hokuspokus nach Uri - Geller - Manier handelt. Der Arzt sagte, er halte viel davon und habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, würde sich aber nie darauf als einzige Diagnosemethode verlassen.

Der Eta-Scan zeigte übrigens, dass sich mein gesundheitlicher Allgemeinzustand und speziell der Zustand meiner Prostata zwar deutlich gebessert hätten, dass aber der Krebs kaum zurückgegangen sei.

Zwischenzeitlich hatte der Naturheilarzt noch eine andere Krebstherapie entdeckt, die von einer gewissen Frau Dr. Isolde Riede propagiert wird und von der ich mal im Internet gelesen habe, sie könne zur Zeit keine neuen Patienten mehr aufnehmen, weil sie überlastet sei und (Zitat) "weil meine Patienten so selten sterben."

Amanita phalloides

...zu Deutsch "Knollenplätterpilz". Das in höheren Dosen tödliche Gift diese Pilzes soll in entsprechender homöopathischer Verdünnung wundersam krebsheilende Wirkung entfalten. Zwar hatte ich eigentlich schon beschlossen, mich trotz inneren Widerstrebens wieder an Professor Maar zu wenden. Da mir aber immer wieder versichert wurde, dass kein Zeitdruck herrsche, probierte ich auch noch die Amanita-Therapie aus. Der Erfolg der Therapie sollte sich der Theorie daran zeigen, dass der PSA-Wert infolge der zusätzlichen PSA-Ausschüttung durch die zerstörten Zellen zunächst überexponentiell ansteigen sollte, um dann wieder abzufallen. Während des PSA-Anstiegs sollte aber auch noch ein anderer Blutwert ansteigen, ansonsten könnte auch ein Wachstumsschub des Tumors vorliegen.

Bei der nächsten Messung ergab sich ein Anstieg des PSA auf 16, was eigentlich gut war. Da aber der andere Wert, der auch hätte ansteigen sollen, gleich geblieben war, kriegte ich es leicht mit der Angst zu tun und beschloss Anfang November , mich jetzt ohne weiteres Zaudern an Professor Maar zu wenden.

ein Anruf bei Prof.  Maar

Ich hatte eigentlich eine Sprechstundenhilfe am Telefon erwartet und war deshalb überrascht, die Stimme des Meisters höchstpersönlich  zu hören. Ich schilderte in Kürze den Stand der Dinge und fragte, wann ich denn bei ihm einen Behandlungstermin bekommen könne. Frühestens im Februar hieß es. Und was ich denn bisher unternommen hätte, wollte er wissen. Als er erfuhr, dass ich schulmedizinisch noch gar nichts unternommen hatte, fand er das gar nicht gut. Auch jetzt noch irgendwas anderes zu probieren, sei nicht das Beste, schließlich hätte ich ja keine Zeit zu verlieren. Wie hoch denn der PSA-Wert sei. Auf die Zahl 16 reagierte er sofort mit einem selbst durchs Telefon sichtbaren Hände-über-dem-Kopf -Zusammenschlagen. "Um Gottes willen! Das ist ein ganz gefährliches Prostatakarzinom. Da müssen Sie schleunigst was unternehmen. Gehen Sie sofort zu Ihrem Urologen und lassen sich eine Hormonblockade geben, wenigstens für die nächsten zwei Monate, bis ich Zeit für Sie habe. Machen Sie das so, und dann rufen Sie mich im Januar noch mal an!" Als ich noch zaghaft einwandte, ob das mit der Hormonblockade denn wirklich nötig sei, der Kollege Soundso habe gesagt, es sei kein Zeitdruck, kam als Antwort ein niederschmetterndes: "Na, das ist mir ja ein schöner Kollege....!"

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Als ich diesen "schönen Kollegen" dann das nächste Mal am Telefon hatte und ihm berichtete, was Prof. Maar gesagt hatte, druckste er erst ein wenig herum.  Man konnte merken, dass er nach einer angemessenen Formulierung suchte. Schließlich meinte er vorsichtig: "Also ich sehe das nicht ganz so dramatisch wie der Herr Mohr". (Offenbar hatte er den Namen falsch in Erinnerung.)

Zwischenzeitlich war eine erneute Blutwertebestimmung erfolgt, deren Ergebnis einen PSA-Wert von 18 ergab, jedoch fatalerweise ohne dass der andere relevante Wert gestiegen war. Also war jetzt höchst zweifelhaft, ob die Therapie wirkte oder ob sich der Tumor einfach nur ans Wachsen begeben hatte. Als das Präparat aufgebraucht war, beendete ich die Einnahme, ohne Nachschub anzufordern.

Als ich zur nächsten Blutuntersuchung bei meinem Arzt war, fragte ich ihn, ob er schon mal was von einem Immunologisch-onkologischen Zentrum Köln (IOZK) gehört habe. Ich hatte diese Adresse im Internet gefunden. Zwar kannte er dieses Institut nicht, riet mir aber sofort ohne jegliches Anzeichen von Futterneid, hinzugehen und mich beraten zu lassen.

Auf das Ergebnis der Blutuntersuchung musste ich fast zwei Wochen warten. Während dieser Zeit hatte ich hinreichend Gelegenheit, die eine oder andere Horrorvision zu pflegen. Nicht nur der Teufel, den mir der schwarze Mann (Mohr, pardon: Maar) an die Wand gemahlt hatte, spukte in meinem Hirn, auch quälte mich die bange Befürchtung, was wohl sein würde, wenn der nächste PSA bei 22 oder noch höher liegen würde. Nicht gerade eine schöne Zeit, die ich da durchlebte.

Tatsächlich war der Wert dann bei 15,1, so dass ich wieder etwas aufatmen konnte. Nachdem ich so Weihnachten und Jahreswechsel einigermaßen hinter mich gebracht hatte, suchte ich das IOZK am Zülpicher Platz auf.

PET/CT-Untersuchung

Bei einem ausführlichen Beratungsgespräch, bei dem mir die dort praktizierte Behandlungsmethode erläutert wurde, ließ mein Gesprächspartner Dr. Bihari durchblicken, es sei unabhängig von den immunologischen Untersuchungen, die er vorschlug,  nicht falsch, angesichts meines hohen PSA-Wertes erst einmal die Möglichkeit von Metastasen auszuschießen. Ja aber ich hätte doch schon ein Ganzkörperszintigramm machen lassen, entgegnete ich. Dadurch seien allerdings nur Knochenmetastasen ausgeschlossen worden, meinte er, nicht jedoch Leber- , Lungen- oder sonstige Metastasen. Um hier Klarheit zu gewinnen, empfahl er mir ein PET/CT. Eine empfehlenswerter Radiologe sei Dr. Müller-Hübenthal  im "Triangle" in Köln-Deutz. Das ist übriges das Gebäude, das wegen seiner Konkurrenz  zum Dom der Stadt Köln beinahe das "Welt-Kulturerbe" gekostet hätte.

PET/CT ist die Abkürzung für eine Kombination aus Positronemissionstomogramm  und Computertomogramm. Das Verfahren ist zwar etabliert, in der Spezialform der Untersuchung auf Prostatakrebs aber noch nicht ganz anerkannt, so dass nicht hundertprozentig garantiert war, ob Beihilfe und Kasse die Kosten von ca. 2500 Euro komplett übernehmen würden. Ich hatte also ein etwas mulmiges Gefühl, als ich beim Radiologen nicht nur unterschreiben musste, dass ich im Rahmen eines "individuellen Heilversuchs" mit der Anwendung eines noch nicht zugelassenen  radioaktiven Präparats einverstanden war, sondern mich auchq noch verpflichten musst, die Kosten vollständig zu begleichen. Meine finanziellen Befürchtungen erwiesen sich dann später als unbegründet, weil die Kostenträger anstandslos zahlten.

Die ca. halbstündige Untersuchung war dann - abgesehen von der nicht unerheblichen Strahlendosis, die mir dabei verpasst wurde - vergleichsweise harmlos, wen auch langweilig. Das Ergebnis bestätigte zum Glück die schlimmen Befürchtungen, die mich natürlich schon wieder geängstigt hatten, nicht: Anzeichen für irgendwelche Metastasierungen gab es keine. In Zentrum der Prostata war jedoch eine deutliche Anreicherung der radioaktiven Substanz gemessen worden, was auf ein zentrales Karzinom hindeutete. Differenzialdiagnostisch sei allerdings eine ausgeprägte chronische Prostatitis nicht auszuschließen.

Bioptische Abklärung werde empfohlen.

Sollte man da jetzt nicht mit dem Knüppel dreinschlagen?!

Man beachte übrigens de feinen diagnostischen Unterschiede zu dem Ergebnis von Dr. Scheidler aus München:

Scheidler: gutartiger Knoten im Zentrum, Krebsverdacht in der Peripherie.
Müller-Hübenthal. Krebsverdacht im Zentrum, Peripherie dagegen unverdächtig.

Immunologische Untersuchungen

Am IOZK sind in der Zwischenzeit wiederholte immunologische Blutuntersuchungen erfolgt, die u.a. leichte Defekte meines Immunsystems zutage förderten. Durch Einnahme von Selen, Bromelian und Vitamin sollen diese korrigiert werden. Einmal waren meine Leberwerte förmlich explodiert, normalisierten sich dann aber wieder.

Dann wurden gewisse Clamydien (Bakterien) gefunden, was wiederum den Verdacht aufkommen ließ, diese seien für eine Prostataentzündung und den hohen PSA-Wert zuständig.

 Antibiotische Behandlung

Ich schluckte drei Wochen lang ein Antibiotikum, um festzustellen, ob dadurch der PSA-Wert runter ging und tatsächlich nur eine Prostatitis vorlag. Auf die Idee hätte man übrigens schon vor einem Jahr kommen können, aber da hieß es immer nur: das hieße den Kopf in den Sand stecken. Der PSA ging tatsächlich etwas runter, von 14 auf 12, aber das war nicht signifikant genug, um den Krebsverdacht zu zerstreuen.

Vorläufiges Fazit

Der PSA ist bei mir inzwischen schon so oft gemessen worden, dass mir davon der Kopf schwirrt. Hier eine Zusammenfassung aller bisher gemessenen Werte (teils leicht abgerundet):

14.4   -  14,1  -  12  -  14  - 16  -  18  - 15,1  -  16,6  -  14  -  12  -  12,6

Was soll ich von alledem halten? Angenommen ich hätte mir die ganzen Verrenkungen des letzten Jahres gespart. Wäre dann jetzt irgendetwas anders als es jetzt ist?

Außer vielleicht, dass ich ein sorgenfreieres Leben gelebt hätte?!

De facto ist mein augenblicklicher PSA zwar hoch, aber niedriger als bei der ersten Messung. Niemand kann mir sagen, wie hoch er vor fünf Jahren war, einfach weil er da nicht gemessen wurde. Angenommen einmal, ich hätte bereits vor fünf Jahren einen  PSA-Test machen lassen, dann wäre wahrscheinlich schon damals ein erhöhter Wert festgestellt worden. Und hätte ich damals die von der Schulmedizin empfohlenen Konsequenzen gezogen, wäre ich meine Prostata sicher  schon seit Jahren los. Und das - wie man sieht - völlig unnötigerweise.

Man kann nach alledem jemanden , der seinen PSA-Wert nicht kennt, im Grunde nur raten, ihn nur ja nicht bestimmen zu lassen, denn was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Wenn er aber was weiß, fällt es schwer, so zu tun, als wüsste er nichts. Denn dann meinen alle, es müsste was geschehen.

Was soll ich tun?

Auch ich bin ständig mit Überlegungen beschäftigt, was ich machen soll. So habe ich zur Zeit einen Therapieplan des IOZK  in der Schublade liegen, der eine Behandlungsserie mit lokaler Hyperthermie in Verbindung mit Norton-Desease-Viren vorsieht. Letzteres sind Vogelgrippe-Viren, die normalen Körperzellen nichts tun können, die Krebszellen dagegen infizieren. so das sie vom Immunsystem erkannt und vernichtet werden können. Klingt in der Theorie gut,  aber ob's in der Praxis auch wirklich funktioniert..?! Und kann man wirklich keinen Schaden anrichten, wenn man da so eine Sonde durch die Harnröhre schiebt, um die Prostata von innen mit Radiowellen zu erhitzen. Irgendwie habe ich die  - vielleicht unbegründete - Befürchtung, dabei könnte vielleicht doch etwas schief gehen und mir Beschwerden verursachen, die ich vorher gar nicht hatte. Deshalb zaudere ich noch ein wenig.

So geht es weiter

Einige Tage  später (am 13.05.2009) habe ich eine Entscheidung getroffen: Ich werde die vom IOZK vorgeschlagene Behandlung mit Hyperthermie und Newcastle Disease Viren machen lassen.

Ich hatte vor allem noch gezögert, weil ich wegen des zurückgegangenen PSA insgeheim gehofft hatte, der Krebs sei bereits auf dem Rückzug. Schließlich kaue ich jeden Tag drei Aprikosenkerne, und wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was manche behaupten, dann hätte es ja schon gewirkt haben können, und eine weitere Behandlung wäre vielleicht gar nicht mehr nötig.

Um mir diesbezüglich ein wenig mehr Klarheit zu verschaffen, suchte ich noch einmal meinen vorigen Arzt auf und ließ mich von ihm mittels Eta-Scan untersuchen. Das Ergebnis war insofern ernüchternd, weil sich nicht die insgeheim erhoffte Verbesserung der Messwerte zeigte, sondern alles noch ungefähr genauso war wie bei der letzten Untersuchung im vergangenen Dezember. Es bestätigte sich auch noch einmal, dass bei mir eine Mischerkrankung aus Karzinom (bösartig), Adenom (gutartig) und Prostatitis (entzündlich) vorliegt.

Im Grunde könnte man immer noch sagen, man brauchte gar nichts zu machen, denn mein Zustand ist ja praktisch seit über einem Jahr stabil. Andererseits besteht die Gefahr, dass der Krebs irgendwann so weit wächst, dass er anfängt zu metastasieren. Um dem zuvorzukommen, sollte es kein Fehler sein, ihn frühzeitig zu bekämpfen.

Deshalb rief ich heute Dr. Stücker vom IOZK an und machte mit ihm einen Termin für den Beginn der Behandlung aus. Unmittelbar nach Pfingsten geht es los.

Hyperthermie

Inzwischen liegt die Behandlung hinter mir. Es waren insgesamt fünf Termine, davon drei mit lokaler Tiefenhyperthermie und zwei mit transurethraler Hyperthermie. Bei ersteren wurde die Prostataregion von außen mittels Radiowellen erwärmt (Dauer ca. 1 Stunde), bei letzteren wurde ein Harnröhrenkatheter mit integrierter Radiowellensonde verwendet (Behandlungsdauer ca. 3 Stunden). In allen Fällen wurde parallel eine Infusion mit Vogelgrippeviren vorgenommen. Zur Vermeidung von Schmerzen und unerwünschten Nebenwirkungen gab es Injektionen und zusätzlich noch einen Haufen Medikamente zu schlucken.

Die transurethralen Behandlungen waren nicht gerade angenehm aber auszuhalten. Nach der ersten Behandlung hatte ich ein bis zwei Tage Schmerzen beim Wasserlassen: anfangs hatte ich das Gefühl, Glasscherben zu pinkeln. Beim zweiten Mal bekam ich noch etwas stärkere Schmerzmittel, so dass die Glasscherben ausblieben.

Heute - am 22.06.2009 - habe ich das Ergebnis der anschließenden Blutuntersuchung erfahren.

Der PSA-Wert lag bei 7,6.

Mitte Juli folgt dann die nächste PSA-Kontrolle.


Zweifel: Vielleicht doch besser OP?

Inzwischen ist einige Zeit  ins Land gegangen, ohne dass ich mich um die Pflege dieses Artikels gekümmert habe. Deshalb kann ich die einzelnen Details des weiteren Verlaufs nicht mehr exakt rekonstruieren. Doch das ist vielleicht auch nicht nötig.

Zwischenzeitlich war ich ein wenig verunsichert, weil der PSA-Wert wieder auf über 9 angestiegen war, nachdem die Therapie begleitenden Medikamente  (darunter auch Finasterid) abgesetzt worden waren. Finasterid ist ein Medikament, das in den Hormonstoffwechsel eingreift und eine PSA senkende Wirkung hat. Es wird u.a zur Behandlung der gutartigen Prostata-Vergrößerung und zur Bekämpfung von Haarausfall eingesetzt. Der Verdacht kam auf, mein PSA-Rückgang wäre vielleicht nur der Wirkung dieses Medikaments zuzuschreiben, während die Hyperthermie-Behandlung selbst vielleicht gar nichts bewirkt haben könnte.

Parallel dazu musste ich miterleben, wie einer meiner besten Freunde sich kurz entschlossen die Prostata herausoperieren ließ, nachdem sein PSA von 6 auf 9 gestiegen war und eine Biopsie, der er sich bereitwillig unterzog, den Krebsverdacht mit einem Gleason-Score von 7 erhärtete. Als ich dann aus seinem Munde immer wieder hören musste, wie gut es ihm nach der Operation (mit der minimal invasiven und nervenschonenden "Da Vinci" Technik) ginge, kamen mir Zweifel, ob es nicht besser wäre, dem ganzen Hickhack mit einem beherzten Schritt, sprich Schnitt ein Ende zu bereiten. Selbst dass mein Freund nach einer Woche plötzlich hohes Fieber bekam und wieder für ca. 14 Tage ins Krankenhaus zurück musste, um diese Komplikation in den Griff zu bekommen, und dass er auch danach noch mit leichter Inkontinenz zu kämpfen hatte, erschien mir relativ harmlos und zeitökonomisch verglichen mit den langwierigen Verrenkungen, die ich schon hinter mir hatte.

Solche Überlegungen trug ich auch meinem Dr. Stücker vor, der es allerdings verstand, mir mit recht überzeugenden Argumenten die Segnungen der Schulmedizin madig zu reden. Dabei war die Tatsache, dass nach einer Operation der Penis um 2 bis 3 cm kürzer wird noch die geringste Unheilsdrohung, schlimmer war die keineswegs unrealistische Möglichkeit, dass man nach einer Operation keineswegs sicher sein könne, für alle Zeiten Ruhe zu haben, da in fast der Hälfte der Fälle der Krebs wiederkommt.

Nachdem ich inzwischen wieder einige Wochen Finasterid genommen habe, ist mein PSA-Wert auf 4,8 gesunken. Dr. Stücker interpretiert das als kombinierte Wirkung der Hyperthermie (Hitzeschockproteine helfen dem Immunsystem beim Erkennen der Krebszellen) und Finasterid,  das die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron - welches mit für das Krebswachstum verantwortlich ist - verhindert.

Es sieht also momentan so aus, als sei der Weg, den ich gewählt habe, nicht der allerschlechteste gewesen ...!


Routine

Im Mai 2010 sieht die Sache nach wie vor recht positiv aus. Mein letzter PSA-Wert war 3,6, worauf mir Dr. Stücker riet, die Finasterid-Dosis zu halbieren. Ich nehme außerdem regelmäßig gewisse harmlose Medikamente, Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel zur Stärkung des Immunsystems zu mir. Der Immunstatus wird in Abständen von ca. 2 Monaten untersucht.

Ein schon fast routinemäßiger Zustand ist eingekehrt und die einst als ernste Bedrohung empfundene Krankheit ist zu einem vorerst gezähmten Hintergrundsphänomen geworden.


Im Juli 2010 ist der PSA-Wert bei 3,2 angelangt. Die übrigen Werte der letzten großen Blutuntersuchung waren im Großen und Ganzen ebenfalls zufrieden stellend. Allerdings seien die Killerzellen nicht so fit, wie sie sein sollten, teilte mir Dr. Stücker mit und empfahl zu deren Aktivierung eine erneute Infusion mit Newcastle  Desease Viren.


Im Mai 2011 stellt sich die Situation noch ein wenig ambivalent dar. Anfang des Jahres 2011 zeichnete sich bei mehreren aufeinander folgenden Messungen ein Anstieg des  PSA-Wertes ab, zuletzt ca. 6. Darauf folgte ich dem Rat Dr. Stückers und unterzog mich im März einer erneuten Hyperthermie-Behandlung. Deren Erfolg ist noch nicht eindeutig, da der Wert immer noch bei 6 liegt, ohne allerdings weiter zu steigen. Ich harre jetzt der nächsten Untersuchung, die für  Juni geplant ist.


Im Mai 2012 ist die Situation relativ unverändert. Nachdem der PSA gegen Ende 2011 wieder auf über 7  angestiegen war, riet mir Dr. Stücker zu einer Behandlungsserie zur Auffrischung der Immunrektion. Ich erhielt einmal pro Monat insgesamt 4  einstündige lokale Tiefenhyperthermie-Behandlungen mit NDV-Infusion. Der PSA hat sich zur Zeit bei ca. 6,3 stabilisiert.


Ende September 2012 erfuhr ich anlässlich einer weiteren lokalen Hyperthermiebehandlung, dass die letzte Messung meines PSA einen Wert von 4,2 ergeben hatte, was recht eindeutig auf einen Erfolg der Behandlungsserie schießen lässt.

Interessanterweise weigert sich seit einiger Zeit meine private Krankenversicherung, ihren Anteil an den Behandlungskosten zu zahlen.  Begründung:  Hyperthermie sei kein Verfahren der anerkannten Standardmedizin und deshalb "medizinisch nicht notwendig". 3 Jahre Jahre lang haben sie ohne zu murren gezahlt, und jetzt plötzlich das! Immerhin zahlt wenigstens die Beihilfe ihren Anteil von 70 Prozent. Nicht auszudenken, wenn die auch plötzlich eine "Erleuchtung" hätten.

Die Wege der Erstattungsorgane sind ohnehin schwer durchschaubar. So bezahlt die Beihilfe zwar das Medikament Prostagutt, nicht aber die Selen-Tabletten. Letztere werden dagegen von der Privatkasse erstattet, während Prostagutt nicht bezahlt wird.


Anfang September 2014  liegt mein PSA  wieder einmal bei schlappen 4,1, nachdem er zwischenzeitlich auf über 8 gestiegen war und sich über Monate hinweg im Bereich zwischen 6 und 7 stabilisiert hatte. Die Behandlung, die in letzter Zeit regelmäßig in Form einer einstündigen lokalen Hyperthermie mit begleitender  NDV-Infusion im Abstand von ca. vier bis sechs Wochen erfolgte, scheint sich also nach wie vor zu bewähren und verleiht mir das Gefühl, die Angelegenheit langfristig im Griff zu haben. Eine rosige Zukunft breitet sich vor meinem geistigen Auge aus: Ich fahre einmal im Monat nach Köln, lege mich dort für eine Stunde auf die Pritsche und werde von netten Leuten betreut, mit denen sich gelegentlich  auch ein anregender  Plausch ergibt. Es tut nichts weh und bietet nebenbei Gelegenheit zu meditativer Entspannung. Friede, Freude, Eierkuchen!

In diese Idylle rosiger Zukunftsschau platzt jetzt als Blitz aus heiterem Himmel mein letzter Beihilfebescheid hinein, wo es plötzlich heißt:

"Die Aufwendungen für eine Hyperthermiebehandlung der Prostata ist wissenschaftlich nicht anerkannt und somit nicht beihilfefähig." (Grammatik nicht von mir!)

Zwar werde man diesmal ausnahmsweise noch zahlen, künftig könnten jedoch keine Beihilfen mehr bewilligt werden.

Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen:

Fünfeinhalb Jahre wurde ohne zu murren alles bezahlt, und dann plötzlich dies. Kann man das verstehen?

Die Sache wird dadurch besonders kurios, dass  die Privatkasse bereits viel früher "rumgezickt"  und nach dem Austausch mehrerer Gutachten endgültig beschlossen hatte nicht mehr zu zahlen, was sie aber bei meinem letzen Leistungsantrag offenbar vergessen hatte und nicht nur die Hyperthermie sondern auch noch die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente, die sie bislang immer abgezogen hatte, erstattete.

Die Sache gewinnt momentan einen leicht kabarettistischen Touch.

 

Literatur

Blech, Jörg:  Die Krankheitserfinder, Wie wir zu Patienten gemacht werden, Frankfurt am Main 2003

Blüchel, Kurt G.:  Heilen verboten - töten erlaubt, Die organisierte Kriminalität im Gesundheitswesen, München 2003

Douwes, Friedrich - Sillner , Leo:  Hoffnung bei Prostatabeschwerden, Die neue Therapie ohne Messer, München1999

Hackethal, Julius:  Keine Angst vor Krebs, München 1978

Irmey, György - Jordan, Anna-Luise:  110 wirksame Behandlungsmethoden bei Krebs, Stuttgart 2001

Jones, Kenneth:  Katzenkralle, Uña de gato, die heilende Liane, München 1999

Kroiss, Thomas:  Heilungschancen bei Krebs, Wegweiser im Krankheitsfall, München 2004

Maar, Klaus:  Die Wahrheit über Prostatakrebs, Neue Wege in Behandlung und Vorsorge, Klosterneuburg 2007

Pekar, Rudolf:   Die perkutane Bio-Elektrotherapie bei Tumoren, München 2002

Weitzel, Peter F.::   Prostatakrebs: Erkennen, besiegen und potent bleiben!

Weymayr, Christian - Koch, Klaus:  Mythos Krebsvorsorge, Schaden und Nutzen der Früherkennung, Frankfurt am Main 2003

 

Weblinks

Prostatakrebs – Wikipedia

PSA (Prostataspezifisches Antigen) | NetDoktor.de

Pro und Contra PSA-Test

Krebsvorsorge: Nutzen des PSA-Tests weiterhin umstritten Männergesundheit Prostata Hormone | Gesundheitpro

Prostata-Krebsvorsorge: PSA-Test umstritten - Gesundheits-Nachrichten - Strathmann GmbH & Co. KG

Gefahren der Biopsie

Prostata Biopsie

Praxis für Onkologie Dr. med. E. Remmel: Nürnberger Prostatakrebskonzept

Umstrittene Wundermittel

Aprikosenkerne

BfR - Bittere Aprikosenkerne können zu Vergiftungen führen