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Jugendschutz

Es klingelt an der Haustür. Draußen steht die Postzustellerin mit einem Päckchen von amazon. Ob meine Frau auch da sei,  das Päckchen müsse unbedingt persönlich übergeben werden. Als meine Frau erschien, wurde sie nach ihrem Personalausweis gefragt: zwecks Nachweis der Identität und des Alters über achtzehn. Nachdem der Ausweis herbeigeschafft war, wurde dessen Nummer in den "Zustell-Palmtop" (oder wie das Ding sonst heißen mag) eingetippt. Fehlermeldung: Irgendetwas stimme nicht mit den gespeicherten Daten überein. Nach einer guten Viertelstunde, angefüllt mit verzweifelten Wiederholungen des Eintippversuchs in allen denkbaren Varianten, Abbruch des hoffnungslosen Unterfangens. Alles Flehen um unbürokratische Aushändigung half nichts, die Postbotin zog mit dem Päckchen wieder ab. Allerdings hatten wir als Kompromiss herausgehandelt, es nicht zurückzuschicken, sondern so zu tun, als wären wir nicht zu Hause gewesen, und das Päckchen bei der Poststelle abholbereit zu hinterlegen. Seltsamerweise gab es dann am nächsten Tag bei der Abholung keine Probleme mehr.

Was nun auch immer die technische Ursache für den ganzen Schlammassel gewesen sein mag, so fragt  man sich davon unabhängig, was denn wohl so Wichtiges oder Geheimes in dem Päckchen war, um einen solchen Aufwand zu rechtfertigen, der einzig verhindern soll, dass der Inhalt in falsche Hände gelangt.

Was war also drin? Eine DVD mit dem Film "Lolita" von 1997. Der ist ab 18 freigegeben. Hätten wir die Kubrick-Verfilmung (1952) des gleichen Romans von Vladimir Nabokov bestellt, hätte es bei der Auslieferung keine Probleme gegeben, denn diese Fassung ist freigegeben ab 12 Jahre.  Wir überlassen es mal der Urteilskraft des Lesers, worin sich diese beiden Filme unterscheiden mögen, um eine so unterschiedliche Altersfreigabe zu rechtfertigen, und wovor Kinder und Jugendliche eigentlich geschützt bzw. nicht geschützt werden müssen.

Als jugendgefährdend gelten z. B. Gewaltdarstellungen, bei denen Selbstjustiz in Form von Gewalt als angemessenes und bestes Mittel zur Durchsetzung von Recht dargestellt wird.

Wenn dem so ist, dann ist es völlig unverständlich, dass manche  Western-Filme ab 12 freigeben sind und Grimms Märchen kleinen Kindern vorgesetzt werden. Oder ist es etwa keine "Selbstjustiz in Form von Gewalt", wenn Hänsel und Gretel die böse Hexe in den Ofen schieben?!